Erwachsen wird man nicht am Rockzipfel

Wenn für die Kinder das zu Hause zum Hotel wird, ist es Zeit, die Rahmenbedingungen zu ändern. Sonst leidet nicht selten auch die Beziehung der Eltern.

Die Themen unseres Blogs werden immer wieder vom „echten Leben“ bestimmt. So auch dieser Text. Die Gründe, warum trennungswillige Paare zu uns kommen, sind vielschichtig, aber es gibt Muster. Ein nicht selten wiederkehrendes sind Eltern, die das Wohl ihres Kindes grenzenlos in den Mittelpunkt gestellt haben. Was zunächst sympathisch, sinnvoll und liebevoll wirkt, hat mehrere Haken: Die Eltern verlieren sich und ihre Beziehung aus den Augen. Das erwachsene Kind macht es sich so richtig gemütlich im bequemen Nest und versäumt es, rechtzeitig den Absprung in die Selbstständigkeit zu schaffen – sprich: auszuziehen. Das Zuhause entwickelt sich zum „Hotel Mama“, das echte Leben läuft ausserhalb dieser Komfortzone ab. Das wirkt sich schleichend, aber nachhaltig bremsend auf die Motivation aus, sich zu emanzipieren, sich auszubilden, Probleme zu lösen, auf eigenen Beinen zu stehen und eine eigene Familie zu gründen.

Dieser Zustand belastet oft die Paar-Beziehung der Eltern. Irgendwann läuft das Fass dann über, und einer der beiden Partner nimmt Reissaus. Der Vater oder die Mutter bleibt mit dem erwachsenen, aber unselbstständigen Sprössling zurück und ist dann erst recht nicht in der Lage, Klartext zu sprechen und das „Kind“ in aller Freundschaft vor die Tür zu setzen. Wenn seit vielen Jahren die Konsequenz und Klarheit fehlte, ist es auch in der Krise schwer, den Geldhahn zuzudrehen oder zumindest diese Perspektive anzukündigen.

Wenn bei trennpunkt trennungswillige Paare mit diesem Hintergrund sitzen, weisen wir neben allen anderen Aspekten auch auf die Notwendigkeit hin, dieses Problem mit aller Konsequenz aus der Welt zu schaffen. Das rettet zwar nicht die Beziehung. Aber für ein künftiges Miteinander-Auskommen mit Anstand und Respekt ist es doch eine wichtige Voraussetzung. Und es zeigt sich dann immer wieder, dass auch die erwachsenen Kinder schliesslich die klare Ansage schätzen und ihren Nutzen daraus ziehen. Für ein eindeutiges Nein und einen „Check-out“ aus dem Elternhotel ist es jedenfalls nie zu spät.

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